Drawing on the autobiographies of the two authors, this chapter explores how different concepts and institutionalizations of the study of popular music in Germany came into being. The focus is on the history, representatives and professional image of two existing associations: GFPM and IASPM D-A-CH. Taking up the theme of the „Parallel Societies“ conference directly, we allow ourselves to be inspired by its general meaning and by the shifts in the social discourse. The history of institutionalized pop music research in both East and West Germany begins in the early 1980s, where the first generation of popular music researchers became reference points for research networks, figures of thought and methodologies. In this dialogue, we trace these constellations in the academic world of German-language popular music studies and explore from an auto-ethnographic perspective the historical, social and cultural conditions and experiences that guide the production of knowledge in popular music studies, as well as the meanings that are assigned to criteria of difference in this context.
1. Intro – Einblicke in zwei akademische Biographien
„Wo immer wir in Feldern arbeiten, die uns nahe sind, liegt die Idee nahe, auch die eigene Geschichte als Material zu verwenden“ (Ploder/Stadlbauer 2013: 404), heißt es in einem Aufsatz zur Relevanz von Autoethnographien in volkskundlichen und anthropologischen Forschungszusammenhängen. In den Popular Music Studies fand die Methode der Autoethnographie bisher kaum Verwendung. Das verwundert, weil doch die Nähe zum Gegenstand – der Musik, den Szenen, dem journalistischen Schreiben oder lokalen Unternehmen der Musikwirtschaft – gerade bei vielen Wissenschaftler*innen im angesprochenen Feld eine durchaus relevante Rolle spielt. In diesem Beitrag soll es jedoch weniger um die Nähe zu Musik oder ihren Szenen, sondern zu einigen ausgewählten Institutionen des Wissenschaftsbetriebes gehen, die sich der Erforschung populärer Musik bzw. der Popularmusikforschung widmen – Strukturen, in denen wir – die Verfasser*innen dieses Beitrages – einschlägige Erfahrungen gesammelt haben. Wir verstehen die darauf bezogenen Selbsterzählungen, das Darlegen von biographischen Erfahrungen und persönlicher Verwobenheit, nicht als narzisstische Nabelschau, sondern als eine Möglichkeit wissenssoziologischer Reflexion von Forschungserfahrungen. Dabei versuchen wir, weitestgehend faktensichere Quellen zu Rate zu ziehen, zugleich aber auch emotionalisierende Zugangstore zu öffnen. Bewusst haben wir darauf verzichtet, die (noch lebenden) Protagonist*innen als Zeitzeug*innen und/oder Expert*innen zu interviewen. Nicht, weil wir glauben, dass dies nicht gewinnbringend sein könnte, sondern weil es uns hier im Kontext autoethnographischer Perspektiven um die Reflexion unserer Erfahrung und deren Abgleich mit Archivmaterial geht und nicht um eine vermeintlich objektive Rekonstruktion geschichtlicher Ereignisse. Die zentrale Frage lautet, wie es seit der vorsichtigen Etablierung und während der Konsolidierung der Forschungen zu populärer Musik bzw. Popularmusik im deutschsprachigen Raum zu parallelen Strukturen im Wissenschaftsbetrieb kommen konnte, die nicht zuletzt im aktuellen Nebeneinander von zwei Fachgesellschaften ihren Ausdruck finden, und wie diese Strukturen im Laufe der vergangenen 40 Jahre zueinander standen und stehen. Damit knüpfen wir unmittelbar am Thema der gemeinsamen Tagung von GFPM und IASPM – D-A-CH in Wien 2022 an. Autoethnographie bedeutet – wie weiter oben zitiert – die eigene Geschichte bzw. biographische Erfahrungen zum Material der Auseinandersetzung und Reflexion zu machen. Wir wollen uns dabei jedoch keinesfalls nur auf subjektive Erfahrungsberichte beschränken, sondern den Blick öffnen auf weiterreichende gesellschaftliche Strukturen. Der folgende Beitrag beinhaltet deshalb wissenschaftliche Einlassungen und biographische Erinnerungen, die wir in Form von ausführlichen Vignetten in den Text einfließen lassen und Hinweise auf konkrete historische Ereignisse jener Zeiten, die hier von besonderem Interesse sind. Um das performative Moment des Vortrages während der gemeinsamen Konferenz der beiden Fachgesellschaften aufrecht zu erhalten und auch den Gepflogenheiten autoethnographischer Forschung Genüge zu tun, wechseln im Text die zeitlichen Ebenen. Der Text enthält zudem einige performative Elemente, z.B. unterschiedliche Schrifttypen und Sonderzeichen. Das ist so gewollt.
Zu Beginn möchten wir uns unseren Leser*innen mit einer Kurzbiographie vorstellen:
Susanne Binas-Preisendörfer (SBP) wurde 1964 in Berlin (Ost) geboren. Nach dem Besuch einer Spezialschule für Musik studierte sie dort von 1982 bis 1987 Musik- und Kulturwissenschaften an der Humboldt-Universität. Gleich im Anschluss an ihr Studium arbeitete sie als Forschungsstudentin am Forschungszentrum Populäre Musik (FPM) der Humboldt-Universität und promovierte dort 1991 bei Peter Wicke mit einer Dissertation zum Thema Rockmusik – kulturelles Medium Jugendlicher. Seit Mitte der 1980er Jahre bis kurz nach der Maueröffnung spielte sie im Ostberliner Offground der sogenannten „anderen Bands“[1] als Saxophonistin bei Der Expander des Fortschritts, gab viele Konzerte, nahm für Kassetten- und Schallplattenveröffentlichungen und Hörspielproduktionen auf. Im Frühling 1990 wurde sie Mutter. In der ersten Hälfte der 1990er Jahre wechselte sie ins Berliner Kulturleben, organisierte Ausstellungen und Konzerte und engagierte sich in der städtischen Kulturpolitik und auf Bundesebene bis nach der Jahrtausendwende. 1995 kehrte sie mit einem Postdoc-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft zurück an das Forschungszentrum Populäre Musik der Humboldt-Universität, von 1997 bis 2001 finanziert über ein Habilitationsprogramm der Volkswagen-Stiftung für Nachwuchswissenschaftler*innen in den Neuen Bundesländern. Bevor sie 2005 als Professorin in Oldenburg auf das Lehrgebiet Musik und Medien berufen wurde, arbeitete sie als freiberufliche Autorin, Dozentin und Kulturberaterin. Von 2013 bis 2016 stand sie der neugegründeten deutschsprachigen Branch der International Association for the Study of Popular Music (IASPM D-A-CH) als Chair vor.
Dietmar Elflein (DE) wurde 1964 in Coburg/Oberfranken an der Grenze zur DDR geboren. 1984 ging er nach Berlin (West), um erstens dem Militärdienst zu entgehen, der dort nicht existierte, weil die Stadt unter alliierter Verwaltung stand, und zweitens um Musikethnologie respektive Vergleichende Musikwissenschaft an der Freien Universität (FU) zu studieren. 1987 trat er dem ASPM (Arbeitskreis Studium populärer Musik, heutige Gesellschaft für Popularmusikforschung – GFPM) bei. 1989/90, während des Mauerfalls und der Wiedervereinigung, war er mit seiner Magisterarbeit über Rockmusik in einer süddeutschen Kleinstadt beschäftigt, die u.a. vom ASPM-Gründungsmitglied Helmut Rösing begutachtet wurde. Anfang der 1990er Jahre scheiterte er mit der Finanzierung einer Promotion zu HipHop in Deutschland, die Peter Wicke betreuen sollte. In der zweiten Hälfte der 1990er verschwand er für einige Jahre aus dem akademischen Betrieb, jobbte und machte Musik in Bands, für Theateraufführungen und Kunstprojekte und arbeitete als Sound Designer und Tontechniker. Außerdem gewann er 2001 einen Businessplanwettbewerb für Internet Startups – insgesamt eine erfüllte, ökonomisch aber mehr oder weniger prekäre Zeit. Das Interesse an Forschung wurde 2004/2005 von der Ausschreibung einer Professur zu Geschichte und Theorie populärer Musik an der Musikhochschule Köln erneut geweckt. Von 2006 bis 2009 promovierte er über Heavy Metal. Ab 2010 arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Post-Doc) an der TU Braunschweig und als Lehrbeauftragter an der Hochschule der populären Künste HdpK Berlin (heute School of Popular Arts, SOPA). 2017 wurde er an der TU Braunschweig zum Außerplanmäßigen Professor ernannt, 2020 erhielt er die Denomination Populäre Musik und Systematische Musikwissenschaft.
2. Parallelgesellschaften
Um unser Vorhaben zu verdeutlichen, scheint es uns notwendig, den Begriff „Parallelgesellschaften“ kurz und ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu umreißen. Mit „Parallelgesellschaft“ wurde vor 20 Jahren die Vorstellung von einer ethnisch homogenen Bevölkerungsgruppe verbunden, die sich räumlich, sozial und kulturell von der Mehrheitsgesellschaft abschottet. Thomas Meyer (2002: 344, kursiv i. O.) nannte damals folgende Charakteristika von Parallelgesellschaften:
„1. Sozial homogen oder heterogen;
2. Ethno-kulturelle bzw. kulturell-religiöse Heterogenität […];
3. Nahezu vollständige lebensweltliche und zivilgesellschaftliche sowie weitgehende Möglichkeiten der ökonomischen Segregation;
4. Nahezu komplette Verdopplung der mehrheitsgesellschaftlichen Institutionen;
5. Formal freiwillige Form der Segregation;
6. siedlungsräumliche oder nur sozial-interaktive Segregation, sofern die anderen Merkmale alle erfüllt sind“.
Der in eine Parallelwelt sich verabschiedende Teil der Bevölkerung war dabei, bezogen auf die Gesamtgesellschaft, grundsätzlich eine Minderheit. Zentraler Bezugspunkt der Debatte waren anfangs vor allem migrantische Communities, deren Zugehörigkeit zu einer Gruppe/Gesellschaft von den Teilen dieser Gruppe/Gesellschaft, die schon länger Teil der Gruppe/Gesellschaft waren, in Frage gestellt wurde, indem ihnen unterstellt wurde, mindestens teilweise Integration zu verweigern. Integration entsprach dem positiven Gegenbild zur Parallelgesellschaft, die immer eine aktive Rolle der Minderheit bei der Abspaltung implizierte. Diskriminierung, Rassismus oder allgemeiner gesagt fehlende Möglichkeiten der Teilhabe, weil die Mehrheitsgesellschaft diese juristisch, politisch oder sozial verhinderte, wurden so durchaus bewusst relativiert. Die Rede von Parallelgesellschaften war dementsprechend vor allem rechts der demokratischen Mitte beliebt.
In der Folge wurde der semantische Gehalt des Begriffs Parallelgesellschaft aufgeweicht und synonym bzw. ersetzend für Klassen, Schichten, Subkulturen und andere gesellschaftliche Ordnungssysteme gebraucht – immer mit dem (unausgesprochenen) Ziel bzw. der Folge der Verschleierung von realen Machtverhältnissen. Konstitutiv blieben weiterhin Merkmale der Dopplung gesellschaftlicher Institutionen (Rechtsprechung), der Segregation und der Homogenität. Darauf folgte ein quasi chaostheoretischer Turn, der gesamtgesellschaftliche Diversität en detail immer wieder in homogene und damit auch potentiell parallele Strukturen auflöste und so das Toxische des Begriffes Parallelgesellschaften zu neutralisieren suchte. Parallelgesellschaften wurden so quasi unvermeidlicher Teil gesellschaftlicher Normalität und hießen/heißen jetzt auch Identitäten oder Bubbles. Hier schloss der Call for Abstracts für die gemeinsame Tagung von GFPM und IASPM D-A-CH in Wien an.
Abb. 1: Call for Abstracts zur 5. IASPM D-A-CH Tagung/32. GFPM Tagung Wien 2022.
In den inhaltlichen Erläuterungen zur Wordcloud als wesentlicher Bestandteil des Calls[2] heißt es unter anderem:
„5. IASPM D-A-CH-Konferenz | 32. GfPM-Tagung: Parallelgesellschaften. Effekte struktureller Mehrgleisigkeit auf populäre Musik, ihre Erforschung und Vermittlung
Parallelstrukturen sind im Alltag omnipräsent und hochwirksam. Auch in der populären Musikpraxis und in den Popular Music Studies lassen sich nebeneinander bestehende Denkfiguren, Systeme, Netzwerke und Konstellationen beobachten, die als vermeintlich fixe Gegebenheiten und Selbstverständlichkeiten auf ihre Funktionen und Effekte hin bisher nur unzureichend beobachtet und untersucht worden sind.
Der Begriff ‚Parallelgesellschaften‘ markiert den Ausgangspunkt der kommenden gemeinsamen Tagung der GESELLSCHAFT FÜR POPULARMUSIKFORSCHUNG (GFPM) e.V. und der INTERNATIONAL ASSOCIATION FOR THE STUDY OF POPULAR MUSIC – GERMANY – AUSTRIA – SWITZERLAND (IASPM – D-A-CH) e.V. Wohl wissend um die Polemik des Ausdrucks verwenden wir diesen nicht affirmativ. Vielmehr dient er uns als anschaulich-provokativer Impuls: Über ihn sollen popkulturelle Differenzparadigmen sichtbar und damit kritisch verhandelbar werden, die als ‚soziale Tatsache[n]‘ (Émile Durkheim) neben An- und Einschlüssen auch zahlreiche Ausschlüsse produzieren und als solche die popmusikalische Realität ebenso prägen wie die korrespondierende journalistische und wissenschaftliche Praxis.
Ziel ist jedoch nicht die (Über-)Betonung und Verhärtung von Differenzen, sondern – im besten Fall – ihre Auflösung in einem ‚sozialen Integrationsparadigma‘ (Wolfgang Kaschuba). Dies setzt eine offen-kritische Bestandsaufnahme voraus, in der Parallelfiguren, -strukturen und -systeme zum einen auf mögliche produktive Effekte und auf ihre Anschlussfähigkeit hin befragt werden. Unsere Wordcloud soll diesbezüglich als Anregung dienen. Zum anderen sind negative Resultate und Ausschlussmechanismen, die häufig mit parallel/binär gedachten Konstellationen einhergehen, kritisch zu benennen und aufzuarbeiten. Die gemeinsame Suche nach geeigneten Strategien und Lösungen für die populäre Musikpraxis sowie für die korrespondierende Forschung, Lehre und Vermittlung steht im Zentrum der kommenden Tagung in Wien“.
Parallelgesellschaften werden im Untertitel des Calls expliziert als Effekte struktureller Mehrgleisigkeit, die dann im ersten Satz zu zu untersuchenden Parallelstrukturen mutieren, während die eigentlichen Parallelgesellschaften nun als Ausgangspunkt dienen. Die Begriffsgeschichte wird nicht affirmiert, sondern soll laut den Autor*innen des Calls als anschaulich-provokativer Impuls dienen. Dazu nötig erscheint eine offen-kritische „Bestandsaufnahme“, bei der auch negative Resultate und Ausschlussmechanismen kritisch zu benennen und aufzuarbeiten wären.
Nimmt man diese Forderung ernst, so entsteht der Eindruck, dass Parallelstrukturen der wissenschaftlichen Organisation und Vernetzung in der deutschsprachigen Popularmusikforschung/Erforschung populärer Musik unabhängig von allen Gemeinsamkeiten sich nicht einfach zufällig ergeben haben, sondern durchaus gewollt waren. Darauf deutet allein schon die Existenz zweier Fachvereinigungen, GFPM und IASPM D-A-CH, hin. Der Versuch der polemischen Zuspitzung dieses Echos der Vergangenheit durch den von Johannes Ismaiel-Wendt vorgeschlagenen Tagungstitel Parallelgesellschaften und der im Call sich widerspiegelnde, von der konkreten Fachgeschichte wieder ablenkende bzw. diese als ein Beispiel für Parallelgesellschaften unter vielen einhegende und harmonisierende Umgang der Tagung mit ihrem Titel, zeigen deutlich, dass in der Vergangenheit ungelöste Konflikte liegen, die mit gesellschaftlicher Machtverteilung zu tun hatten bzw. haben und in die Zukunft wirken: Echokammern der Differenz. Diese hinterließen auch in den beiden Aufsätzen ihre Spuren, die Helmut Rösing und Peter Wicke in dem von Christoph Jacke und Michael Ahlers 2017 herausgegebenen Sammelband Perspectives on German Popular Music veröffentlicht haben[3], sie finden sich im 2014 herausgegebenen Heft zu 30 Jahren GFPM und schlussendlich auch im Selbstverständnis, das die GFPM zum Zeitpunkt der Niederschrift dieser Zeilen, dem 31. Juli 2023, auf ihrer Webseite präsentiert:
Abb. 2: Selbstverständnis der GFPM im Jahr 2023/2024.
Da die Schriftgröße in der Abbildung etwas klein geraten ist, hier der Wortlaut:
„Wir sind ein 1984 gegründeter Verein. Seitdem prägen die namhaftesten Forscher*innen der Popularmusikforschung die Arbeit der GFPM (bis 2013 ASPM). Durch die Aktivitäten von Personen wie Alenka Barber-Kersovan, Erika Funk-Hennigs, Ekkehard Jost, Renate Müller, Winfried Pape, Thomas Phleps, Hermann Rauhe, Hans-Peter Reinecke, Helmut Rösing, Mechthild von Schoenebeck, Jürgen Terhag und vielen anderen konnte sich die disziplinenübergreifende Erforschung von Popularmusik nachhaltig etablieren, wie unser umfassender Output beweist“.[4]
Dieses ausschließlich westdeutsche Forscher*innen präsentierende Selbstverständnis der GFPM schließt aus und provoziert die Bildung von Parallelgesellschaften. Dabei wäre ein nicht oder erheblich weniger exkludierender Zugang leicht möglich gewesen, etwa allein dadurch, wenn hinter „die namhaftesten“ das Wörtchen westdeutschen stünde.
3. Spuren in die Vergangenheit: das Jahr 1983 – ein „Schicksalsjahr“ für die Erforschung populärer Musik in der BRD und in der DDR
Im Folgenden wollen wir den Echos eines offenkundig nicht gelösten Konfliktes nachgehen und darlegen, welche Geschehnisse, Aspekte, Friktionen und Personalia aus unserer Sicht zur Existenz der beiden angesprochenen Fachgesellschaften führten. Seit Mitte der 1980er Jahre sind wir in diese Prozesse selbst involviert, persönlich verwoben und auch verstrickt. Der folgende Text besteht deshalb in überwiegendem Maße aus autobiographischen Vignetten, in denen wir versuchen wollen, dieses Involviertsein offenzulegen und danach zu fragen, was dies in unserer eigenen Forscher*innen-Biographie ausgelöst hat, welche Spuren in dem je eigenen Verständnis von Popularmusik/populärer Musik auffindbar sind und wie sich auch institutionelle Rahmenbedingungen darin niedergeschlagen haben. In dem wir zwischen Erinnerung, Quellen und historischen Rahmungen wechseln und v.a. auch in der gegenseitigen Reaktion aufeinander Zeitgeschichte reflektieren sowie uns der Herausforderung des kooperativen Schreibens stellen, hoffen wir die notwendige Distanz zum Erlebten herstellen zu können.
Die beginnenden 1980er Jahre bilden den Startpunkt dieser biographischen Spurensuche. In der ersten Hälfte der 1980er Jahre haben wir – die eine in Berlin (Ost), der andere in Berlin (West) – ein Studium der Musikwissenschaft aufgenommen. Das Jahr 1983 spielte dabei eine besondere Rolle.
+ + + Im 10. Deutschen Bundestag erhält die CDU/CSU im März 1983 fast 50 % der Stimmen und übernimmt zusammen mit der FDP die Regierung. Erstmals ziehen mit knapp 6 % die Grünen in den Deutschen Bundestag ein. Es beginnt die Ära Kohl. + + + Wegen der gestörten Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten nach dem Tod von zwei Transitreisenden an der innerdeutschen Grenze sagt DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker den geplanten Besuch in der Bundesrepublik ab, trifft sich aber später mit Franz Joseph Strauß in der Schorfheide auf Jagdschloss Hubertusstock. + + + In den westdeutschen Medien gibt es vor allem zwei Themen: die gefälschten Hitler-Tagebücher und die damals kaum erforschte Immunschwäche Krankheit Aids. + + + In beiden deutschen Staaten demonstriert die Friedensbewegung gegen das Wettrüsten, die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen – Pershings im Westen und SS-20 Raketen im Osten. + + + Die DDR-Volkspolizei löst am 1. September eine Menschenkette auf, die Anhänger der DDR-Friedensbewegung anlässlich des Weltfriedenstages zwischen der sowjetischen und der US-Botschaft in Ost-Berlin bilden wollten. + + + Am Vortag des Nationalfeiertages der DDR kündigt Erich Honecker den vollständigen Abbau der Selbstschussanlagen an der innerdeutschen Grenze an. + + + Udo Lindenberg kann mit seinem Panikorchester erstmals ein Konzert in Ost-Berlin geben und der Song „99 Luftballons“ von Nena belegt mehrere Wochen Platz 1 der deutschen Single-Charts. + + + [5],[6]
Für den 28. Mai 1983 laden Helmut Rösing (damals Gesamthochschule Kassel) und Ian Watson (Universität Bremen) nach Bremen zu einem ersten deutschen IASPM-Treffen ein.[7] Auf der Tagesordnung stehen Arbeitsgruppen zu ausgewählten Problembereichen. Sie tragen Überschriften wie „Amateur-Rockmusik – eine bewußte Anti-Bewegung gegen vermarkteten Musikkonsum“, „Gehört Populäre Musik in den Unterricht?“ und „Populäre Musik als Ideologieträger“. Damit wird ein Feld abgesteckt, das dem Selbstverständnis der Popularmusikforschung in der BRD damals und in den darauffolgenden Jahren entsprechen sollte: Der Wunsch und die Notwendigkeit, sich aus musikpädagogischer Perspektive mit populärer Musik zu beschäftigen und Kritik an der Marktmacht der Majors im Musikbetrieb zu üben.
Abb. 3: Erstes deutsches IASPM-Treffen in Bremen.
In Bremen will man sich verabreden, wie es weitergehen soll, Ideen austauschen und Vorschläge machen, wie die Erforschung populärer Musik im deutschsprachigen Raum bzw. dem Westteil Deutschlands organisiert werden kann. Wolfgang Martin Stroh (damals Professor für Systematische Musikwissenschaft an der Universität Oldenburg) notiert auf der Rückseite der Einladung, dass die geringe Beteiligung zeige, dass die wissenschaftliche Untersuchung von Popmusik noch nicht anerkannt sei. In der BRD hat die IASPM damals elf Mitglieder, in Österreich fünf und in der Schweiz zwei. Gegründet hatte sich die IASPM 1981 in Amsterdam und als Kontaktpersonen wurden Helmut Rösing für die BRD und Peter Wicke für die DDR angegeben. Als mögliche Zielsetzungen für einen deutschsprachigen Zweig der IASPM notiert Stroh (auch auf dem Einladungsschreiben zum ersten Treffen des deutschsprachigen Zweiges der IASPM in Bremen): Erstens den „internationalen Aspekt“, zweitens das „Problematisieren der deutschen Szene“ und drittens ein positives wissenschaftliches Verhältnis zur Popmusik. Am Seitenrand des Blattes findet sich eine Notiz zu den Gebühren: $ 9,50 = 36 DM.
Schon im Jahr 1981 befestigt in Berlin (Ost) im Gebäude des Seminars für Musikwissenschaft der Sektion Ästhetik/Kulturwissenschaften der Humboldt-Universität eine Gruppe von Studierenden um den Wissenschaftlichen Mitarbeiter Peter Wicke ein Schild an einem der Räume unter dem Dach mit der Aufschrift „Forschungszentrum Populäre Musik“. Wicke hatte dort mit einer Arbeit zur Ästhetik der populären Musik promoviert (Wicke 1980). Quellen im Bundesarchiv datieren die offizielle Gründung des Forschungszentrums Populäre Musik (FPM) jedoch auf das Jahr 1983. Wie es zu diesen widersprüchlichen Angaben kommt, ist nicht recherchierbar. Wicke selbst nennt das Jahr 1981 und erinnert sich auf Anfrage, dass es damals auch einen Bericht dazu bei DT64[8] sowie im RIAS[9] gegeben habe.
So richtig mitbekommen habe ich (SBP) das alles erst ab Mitte der 1980er Jahre. Viele meiner Kommiliton*innen sind damals sehr frustriert über das Angebot unseres Musikwissenschafts-Studiums, ich persönlich wahrscheinlich aber v.a. über eine schlechte Note, die ich in einem Analyse-Seminar bekomme. Meine Wahl war auf Schuberts Der Tod und das Mädchen gefallen, weil mich das Sujet faszinierte, eine über die Jahrhunderte hinweg in den unterschiedlichsten Kunstformen auffindbare Metapher. Mein Engagement in diese Richtung – so meine beleidigte Einschätzung – wird von der Dozentin nicht honoriert, ihr geht es um die harmonischen Abfolgen, den formalen Aufbau, die rhythmischen Muster, Vorspiel, Nachspiel, Halbsätze und auf welche musiktheoretischen Traditionen sich diese beziehen lassen. Das wiederum ignoriere ich weitestgehend, weil es für mein Rezeptionsverhalten keine Rolle spielt. Vielleicht geht es anderen ähnlich. Jedenfalls wechseln wir scharenweise die Straßenseite – vom Kupfergraben in die Dorotheenstraße – und schreiben uns in Seminare bei der Kulturwissenschaft und Ästhetik ein, in denen z.B. Günter Mayer[10] mit uns Walter Benjamins Kunstwerkaufsatz (Benjamin 1991[1936]) diskutiert, es um Fragen der Semiotik bei Michael Franz geht oder um kulturelles Verhalten im Alltag und um Frauenbilder in der DDR-Werbung bei Irene Dölling. Als Peter Wicke dann erstmals eine Vorlesung zur Geschichte der populären Musik anbietet, sitzen wir wieder in den Seminarräumen des musikwissenschaftlichen Seminars am Kupfergraben und sind erstaunt, was Gegenstand musikwissenschaftlicher Forschung auch sein kann. Ich erinnere mich an ein Dissertationsprojekt, in dem Fanpost von jugendlichen Radiohörer*innen ausgewertet oder Rockmusik im Gefüge ihrer ökonomischen und staatlichen Institutionalisierung betrachtet wurde. Ich selbst schreibe an einer Diplomarbeit zum „Gestus in der Rockmusik“ (Lehmann 1987), besuche dafür Konzerte und mache Fotos von Musiker*innen und Publikum. Später sollte ich zusammen mit zwei Kollegen aus dem Forschungszentrum die Musikszene des Heavy Metal untersuchen. Wegen der Maueröffnung ist es zu dieser gemeinsamen Arbeit nicht mehr gekommen. Meine beiden Kollegen mussten die Universität verlassen, weil sie Informelle Mitarbeiter der Staatssicherheit waren, die sicherlich immer auch einen Blick auf das Treiben des Forschungszentrums Populäre Musik werfen sollten.
Ab Mitte der 1980er Jahre bis in die Nachwendezeit bekommen wir am Forschungszentrum regelmäßig Besuch. Zu Gastvorträgen kommen Alf Björnberg und Philipp Tagg aus Schweden, Simon Frith und Richard Middleton aus Großbritannien, Reebee Garofalo und Lawrence Grossberg aus den USA. Diese Aufzählung ließe sich fortführen. Damals ist mir nicht bewusst, dass es sich dabei um das „Who is Who“ der englischsprachigen Popular Music Scholars handelt, Wissenschaftler*innen, die Wicke wohl vor allem aus der Zusammenarbeit, der Lektüre und von den internationalen Konferenzen der IASPM kennt. Mit Paul Willis lädt er auch einen wichtigen Vertreter der Cultural Studies und des CCCS in Birmingham nach Berlin (Ost) ein, eine fachliche Basis, der die Erforschung populärer Musik „made in East Germany“ folgte. Aus dieser Perspektive ließ sich populäre Musik als eine Sphäre des Musiklebens und vor allem als ein theoretisch und methodisch autonomes Forschungsfeld neben der Historischen und Systematischen Musikwissenschaft positionieren. Das Forschungszentrum Populäre Musik selbst bezieht sich auch in seiner Verfasstheit als Zentrum auf das CCCS. Vergleichbar mit den britischen Cultural Studies wird populäre Musik hier v.a. mit Blick auf die Analyse kultureller Formen betrieben. Wichtig sind des Weiteren der ökonomische Rahmen, in den die Produktion und der Konsum populärer Musik gesetzt ist, und somit Fragen zur Rolle der Musikindustrie sowohl aus theoretisch-methodologischer wie auch aus empirisch-analytischer Sicht eine wichtige Rolle spielen. Neben der Analyse kultureller Formen im sozialen Gebrauch und ökonomischer Zusammenhänge interessieren wir uns für die Materialität populärer Musik in ihrer auditiven, visuellen und performativen Vielfalt. Im gerade erwähnten Heavy Metal-Projekt wollen wir uns alle diese Materialebenen anschauen. In den Dissertationsprojekten (Fans und Hitparaden der Jugendrundfunkwellen, Institutionen, Heavy Metal, etc.) wird der Fokus v.a. auf popmusikalische Entwicklungen in der DDR gesetzt. Folgerichtig spielen deren politische Voraussetzungen und Widersprüche eine Rolle. Diese eher pragmatische Perspektive wird insbesondere nach der Maueröffnung Bedeutung erlangen, als es in den sogenannten neuen Bundesländern darum geht, wissenschaftlich begründete Vorschläge zu unterbreiten, wie es mit den Infrastrukturen des Musiklebens – hier insbesondere den Jugendklubs der aufgelösten Betriebe und Organisationen – weitergehen bzw. was man bestenfalls tun könnte, um eine tragfähige Jugendkultur- und Musikpolitik aufzubauen (vgl. Wicke 2017: 37ff.). Das Verständnis und die Erforschung populärer Musik sind auf ihren sozialen, kulturellen und ökonomischen Ort gerichtet.
Während der alle 14 Tage stattfindenden Diskussionen unter dem Dach im Hegelhaus am Kupfergraben – dem Sitz des Musikwissenschaftlichen Seminars – befassen wir uns auch mit Texten und Konzepten von Kolleg*innen aus dem Westen Deutschlands. Wir lesen Texte von Tibor Kneif und Dörte Hartwich-Wiechell. Wicke übt teils heftige Kritik an deren theoretischen Konzepten und analytischen Herangehensweisen der Erforschung populärer Musik. Dieser Konflikt schlägt sich nicht zuletzt in unterschiedlichen Termini wieder: Popularmusik auf der einen (West) und populäre Musik auf der anderen Seite (Ost). Wicke betont noch Jahre später, dass die Bezeichnung populäre Musik als ein Ausdruck kultureller Grenzverläufe entlang sozialer, kultureller, technologischer und ästhetisch bedingter Unterschiede sich gegenüberstehender Sphären des Musiklebens zu verstehen ist, es sich um einen diskursiven Begriff handelt, der ein weites und veränderliches Feld musikalischer Formen umfasst (vgl. Wicke 1997). Eine Absage erteilt er „akademischen Wortneuschöpfungen, wie dem vor allem in musikpädagogischen Zirkeln verbreiteten Terminus Popularmusik“ (Wicke 1997). In meiner Erinnerung sollte mit der Verwendung des Terminus „populäre Musik“ auch angezeigt werden, dass man sich dem Sprachgebrauch der handelnden Akteure näher fühlt als den akademisierten Versuchen, die Analysemodelle traditioneller Geisteswissenschaften (klassisch-romantisches Werkideal) auf ein Feld zu projizieren, das diesen Modellen nicht entspricht.[11] Interessanterweise haben beide Begriffe in den Bezeichnungen der Fachverbände überdauert, wiewohl beispielsweise in dem im Rahmen des von der Gesellschaft für Musikforschung herausgegebenen Kompendium Musik der Band 14 den Titel Populäre Musik – Geschichte, Kontexte und Forschungsperspektiven (von Appen/Grosch/Pfleiderer 2014) trägt, obwohl mindestens einer der Herausgeber – Ralf von Appen – vor allem im Fachverband der Gesellschaft für Popularmusikforschung (GFPM) aktiv war und ist. Ralf von Appen weist in der Diskussion um diesen Punkt darauf hin, dass ASPM für „Arbeitskreis Studium populäre Musik“ stand und dass bei der Umbenennung in GFPM (aus Anlass der Gründung von IASPM D-A-CH) das Adjektiv „populäre“ nicht unterzubringen war und man sich deshalb in Anlehnung an die Gesellschaft für Musikforschung (GfM) für Gesellschaft für Popularmusikforschung entschied. Das weist darauf hin, dass auch in der BRD bzw. den alten Bundesländern nicht durchgängig der Begriff Popularmusik von den Forscher*innen verwendet wurde. Auch Wickes Umgang mit den Begriffen ist nicht ganz widerspruchsfrei. Sein Buch Von Mozart zu Madonna. Eine Kulturgeschichte der Popmusik (Wicke 1998) beginnt mit einem Zitat von Leopold Mozart, der 1780 an seinen Sohn Wolfgang schreibt: „… vergiß das sogenannte populare [Hervorhebung SBP] nicht“ (Wicke 1998: 7). Allerdings war es zu Mozarts Zeiten in bestimmten Kreisen üblich, lateinische Worte zu verwenden.
4. Nach der „Wiedervereinigung“
+ + + In den neuen Bundesländern gilt ab Januar 1991 das Steuerrecht und große Teile der Sozialgesetzgebung der „alten“ Bundesrepublik. + + + Wehrpflichtige aus den neuen Bundesländern treten ihren Dienst in der Bundeswehr an. + + + In Genf scheitern die Verhandlungen zwischen dem amerikanischen Außenminister James Baker und seinem irakischen Kollegen Tarik Aziz (1936-2015) über eine friedliche Lösung der Golfkrise. + + + Helmut Kohl (CDU) wird erneut Bundeskanzler. + + + Im Montagewerk der Volkswagen Sachsen GmbH in Zwickau läuft der letzte Trabant vom Band und es wird mit der Fertigung des VW-Golf begonnen. + + + Die sechs im Warschauer Pakt verbliebenen Staaten (UdSSR, Rumänien, Bulgarien, Polen, CSFR, Ungarn) beschließen die Auflösung des Militärbündnisses. + + + Als letzter Vertragspartner ratifiziert der Oberste Sowjet der UdSSR in nichtöffentlicher Sitzung das Zwei-plus-Vier-Abkommen über die volle Souveränität Deutschlands. Gleichzeitig werden die im Zweiten Weltkrieg entstandenen Grenzen für unabänderlich erklärt. + + + Der Präsident der Treuhandanstalt, Detlev Karsten Rohwedder, wird in seinem Haus bei Düsseldorf Opfer eines Mordanschlages, zu dem sich die Rote Armee Fraktion (RAF) bekennt. + + + Das Lenin-Denkmal auf dem Platz der Vereinten Nationen in Berlin-Friedrichshain wird abgerissen. + + + Der Bundestag verabschiedet das Stasi-Unterlagengesetz. Damit erhalten alle Bürger das Recht, ab dem 1. Januar 1992 Einsicht in die von der DDR-Staatssicherheit über sie geführten Akten zu nehmen. + + + Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) und der Ostdeutsche Rundfunk (ODR) treten der ARD bei. Die alten zentralen Sender der früheren DDR, der Deutsche Fernsehfunk (DFF) und das Funkhaus Berlin, stellen den Sendebetrieb ein. + + + Der als Einheitssong titulierte Song „Wind of Change“ der Scorpions belegt 11 Wochen Platz 1 der Deutschen Single Charts, ebenso lang wie Enigmas „Sadness“.[12] + + + Das Jugendradio DT64 kämpft gegen seine geplante Abschaltung zum 31.12.1991. + + + [13]
Abb. 4: Programmheft 6. Internationale Konferenz der IASPM in Gosen bei Berlin 1991.
Als im Sommer 1991 der 6. Internationale Kongress der IASPM zum Thema Populäre Musik und Social Reality in Gosen bei Berlin in einem ehemaligen Schulungszentrums des Ministeriums für Staatssicherheit stattfindet, arbeite ich (SBP) de facto schon nicht mehr an der Universität. Sie wird damals von Grund auf verändert. Kommissionen evaluieren auch das Musikwissenschaftliche Seminar der Humboldt-Universität und erklären nonchalant, dass Musikwissenschaft ein Orchideenfach sei. Angesichts meiner Beschäftigung mit populärer Musik will ich das nicht verstehen. Populäre Musik ist nach meiner Auffassung ein Gegenstand, der als Seismograph und Möglichkeit der Betrachtung von Gesellschaft und Gegenwart bestens geeignet ist! Alle Kolleg*innen erhalten eine Kündigung, wenige werden wieder eingestellt.
5. Der ASPM und sein Verhältnis zur IASPM in der BRD vor der Maueröffnung und in den 1990er Jahren
Das Institut, an dem ich (DE) ab Mitte der 1980er Jahre in Berlin (West) studiere, das Institut für Vergleichende Musikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, wird 2003 ein spätes Opfer der Wiedervereinigung und geschlossen. („Wir haben andere Probleme als die Musikethnologie“, so der damalige Vize-Präsident der Freien Universität Berlin, in „Berichterstatter“ 2003). Seit 1995 wurde die Professur erst vertreten, 2002 dann doch neu besetzt und kurze Zeit später trotzdem abgewickelt.
Populäre Musik ist in meinem Studium eigentlich nicht vorgesehen. Aber als ich die Idee äußere, in einem Seminar zu afrikanischer Musik über Highlife zu arbeiten oder in einem Seminar über die Karibik zu Reggae, werde ich nicht nur von Kommiliton*innen, sondern auch von Institutsleiter Josef Kuckertz ermuntert. Er lässt meine Versuche als Prüfungsleistungen zu. Zudem hängt im Institut ein für einen Arbeitskreis Studium populäre Musik (ASPM) werbender Aushang von Arthur Simon, der damals die Abteilung Musikethnologie des Ethnologischen Museums Berlin leitet. Ich höre, dass einer meiner Kommilitonen dem Aufruf gefolgt ist und 1986 das Treffen des ASPM besucht hat. 1987 fahren wir gemeinsam hin, sitzen im Stuhlkreis in der Lüneburger Heide gemeinsam mit Helmut Rösing, Alenka Barber-Kersovan, Ekkehard Jost, Jürgen Terhag und anderen. Ich fühle mich willkommen und aufgenommen. Kurz vor dem Mauerfall forsche ich für meinen Magister über die populäre Musikszene meiner Heimatstadt Coburg und dokumentiere so unabsichtlich Pop im westdeutschen Zonenrandgebiet. Gutachter sind Kuckertz und Rösing.
Protokolle von damaligen Mitgliederversammlungen von ASPM und IASPM, Berichte des Executive Committee der IASPM und einzelne Nummern des damaligen ASPM Info, das ich ab 1991 gemeinsam mit Thomas Münch herausgebe und zum Teil noch besitze, lassen folgende subjektive Ereignisrekonstruktion des Ost/West-Verhältnisses in der deutschen Popforschung zu. Ob ich persönlich jeweils anwesend war, weiß ich nicht mehr, da der ASPM damals häufiger eine Arbeits- und eine, glaube ich, Jahrestagung genannte Tagung pro Jahr veranstaltet. Ich kann mir immer nur eine von beiden leisten. Deswegen bin ich zwar jedes Jahr auf einer ASPM Tagung, aber nicht zwingend auf der jährlichen Mitgliederversammlung. IASPM-Mitgliederversammlungen besuche ich nicht. Auch beim IASPM Kongress 1991 in Gosen, bei dem ich einen Vortrag halte, erinnere ich mich nicht an die Mitgliederversammlung. Die IASPM-Dokumente sind auf der Webseite des IASPM dokumentiert und wurden von mir dort gesichtet und mit persönlichen Erinnerungen abgeglichen.
a. Vor der Grenzöffnung (bis November 1989)
Wie schon erwähnt, wird IASPM 1981 in Amsterdam gegründet und zählt 1982 elf westdeutsche und zwei ostdeutsche Mitglieder.[14] 1983 findet das von Susanne Binas-Preisendörfer zu Beginn dieses Beitrages beschriebene erste deutsche IASPM-Treffen in Bremen statt, Kontaktpersonen sind Rösing (West) und Wicke (Ost). Im selben Jahr wird auch das Forschungszentrum Populäre Musik offiziell gegründet. Die Zahl der westdeutschen Mitglieder der IASPM ist 1984 auf 18 angewachsen, in der DDR leben und arbeiten weiterhin zwei Mitglieder.[15] Ebenfalls 1984 gründet sich ASPM, der 1986 zur westdeutschen Branch des IASPM wird. 1987 erfolgt die Eintragung des ASPM e.V. ins Vereinsregister Hamburg mit dem Vorstand Herrmann Rauhe (Hamburg), Helmut Rösing (Kassel) und Ekkehard Jost (Gießen) sowie der Geschäftsführerin Alenka Barber-Kersovan (Halstenbek). Ab jetzt bin ich (DE) einfaches Mitglied. Rauhe und Jost bleiben nur bis 1990 im Vorstand, Rösing bis 1999 und Barber-Kersovan fungiert über 30 Jahre, bis 2018, als Geschäftsführerin.
Im gleichen Jahr 1987 wird Wicke zum Generalsekretär des Dachverbandes IASPM gewählt. Er ist bis 1993 über mehrere Wahlperioden in unterschiedlichen Funktionen im Executive Committee tätig.
Im Frühjahr 1989 besuchen Vertreter*innen des ASPM auf Einladung von Wicke das Forschungszentrum Populäre Musik (FPM). Ich (SBP) erinnere mich, von Alenka Barber-Kersovan bei diesem Anlass ein kleines hübsches Notizbuch geschenkt bekommen zu haben. Eine Gegeneinladung ist geplant: „Eine Einladung Peter Wickes und seiner Mitarbeiter in die Bundesrepublik ist vorgesehen“, so dass Protokoll der ASPM-Mitgliederversammlung am 29.4.1989 in der Landesmusikakademie NRW in Heek/Nienborg. Dem kam der Fall der Mauer am 9.11.1989 wahrscheinlich zuvor.
b. Zwischen Grenzöffnung und Wiedervereinigung (November 1989 bis Oktober 1990)
Das Protokoll der nächsten ASPM-Mitgliederversammlung vom 12.5.1990 in der evangelischen Akademie Hofgeismar hält fest, dass Wicke Vorträge in Oldenburg und Hamburg gehalten hat. Ob dies die obige Gegeneinladung gewesen ist oder nicht, bleibt offen. Gleichzeitig werden weitere gemeinsame Projekte, so ein Studierendenaustausch Oldenburg-Berlin geplant, aber wohl nicht verwirklicht. Die Verbindung ASPM/FPM erscheint hier noch freundlich bis neugierig. Man geht mit der veränderten politischen Situation um. Ich (DE) bin wahrscheinlich persönlich nicht anwesend gewesen. Aber ich und einige Kommiliton*innen besuchen nach meiner Erinnerung mit Veit Erlmann, der 1988/89 eine Stelle am Ethnologischen Museum in Berlin-Dahlem hat, neugierig bis neidisch das FPM – im Osten kann man Popmusikwissenschaft studieren, im Westen nicht, so unser Bild. Der seit 1982 existierende Popkurs Hamburg zählt für uns mit seiner Dauer von zwei mal drei Wochen nicht und ist außerdem vor allem für praktizierende Musiker*innen gedacht.
Gleichzeitig wechseln bei ASPM im Mai 1990 zwei Drittel der Personen im Vorstand. Rauhe und Jost legen ihr Amt nieder. Winfried Pape (Gießen) und Bernd Hoffmann (Köln) werden gewählt. Rösing setzt wie schon erwähnt seine Arbeit bis 1999 fort. Pape bleibt bis 1997, Hofmann bis 2002 im ASPM-Vorstand. Das Protokoll der Mitgliederversammlung erwähnt ein geplantes Treffen des ASPM und des Forschungszentrums kurz nach der Mitgliederversammlung im Juni 1990. Hierfür ist damit schon der neue Vorstand des ASPM zuständig.
Ebenfalls 1990 wird ASPM von der westdeutschen zur deutschen Branch des IASPM.
c. Nach der Wiedervereinigung (ab Oktober 1990)
Im Juni 1991 findet wie schon erwähnt die 6. IASPM Konferenz in Gosen bei Berlin (Ost) statt. Susanne und ich (DE) treffen uns wieder. Dort nehmen auch viele andere ASPM-Mitglieder teil, wie ein einstündiger Dokumentarfilm mit englischsprachigem Kommentar über die Konferenz (Hentschel 1991) zeigt. Unter den gefilmten Teilnehmer*innen sind neben DE und SBP auch mindestens ein Beiratsmitglied und die Geschäftsführerin – allerdings nicht der amtierende Vorstand. Dies bestätigt ein Konferenzbericht, den ich (DE) im ASPM-INFO 1992 veröffentliche. Laut diesem reist ein Vorstandmitglied des ASPM exklusiv für die Mitgliederversammlung des IASPM an. Der gleiche Bericht thematisiert zudem bedauernd Verstimmungen im Ost/West-Verhältnis, die auch im Protokoll der Mitgliederversammlung des ASPM am 19.10.1991 in Rauischholzhausen unter dem Tagesordnungspunkt „1.7 Ost-West-Zusammenführung“ konstatiert werden: „Information der Mitglieder über den Dissens mit P. Wicke. Verlesen des Kasseler Protokolls.“ Letzteres ist nicht beigefügt, wird also im Rahmen der Mitgliederversammlung nur mündlich verlesen, nicht aber schriftlich dokumentiert. Hier sollte ich (DE) zwar anwesend gewesen sein, kann mich aber nicht mehr erinnern. Inwieweit es sich bei dem Kassler Protokoll um die Mitschrift des projektierten Treffens im Juni 1990 handelte, bleibt deshalb im Dunkeln.
d. Diskussion und Spekulation
In den zwölf, dreizehn Monaten zwischen Mai 1990 und Juni 1991 müssen sich Dinge ereignet haben, die die begonnene Annäherung von Ost und West beenden und in den nicht aufzulösenden Dissens münden, von dem im Oktober 1991 berichtet wird und der schon die Anwesenheit in Gosen mitzubestimmen scheint. Der Unterschied in den Mitgliederzahlen in Ost und West, dokumentiert für 1984 mit 18 West und zwei Ost, mag dabei eine Rolle spielen. Ich (DE) erinnere mich an viele Diskussionen zu diesem Thema, die jedoch immer unklar bleiben. Ab einem bestimmten Punkt bekomme ich keine mich befriedigenden Antworten mehr. Die Gründe für die Probleme zwischen Ost und West verstehe ich nie wirklich.
Gleichzeitig galt, dass zwischen Oktober 1990 und Juni 1991 im Rahmen der Wiedervereinigungs-bedingten Kündigung aller Arbeitsverträge an allen jetzt ehemaligen DDR-Universitäten natürlich auch die Humboldt Universität und mit ihr das Forschungszentrum Populäre Musik betroffen waren. Laut Wicke (2017) war der Erhalt des Forschungszentrums und die strukturelle Verankerung einer Professur für Theorie und Geschichte populärer Musik in der Musikwissenschaft der Humboldt Universität nur aufgrund einer Intervention des Bundesverbandes der Phonografischen Industrie möglich. Solidaritätsaktionen aus Reihen des ASPM gegen die potentielle Schließung erwähnen weder Wicke noch der damalige ASPM-Vorstand Rösing (2017) in ihren einleitenden Komplementäraufsätzen im Sammelband Perspectives on German Popular Music (Ahlers/Jacke 2017).
e. Und die erste Konsequenz …
Ein deutliches Resultat des Dissens zwischen ASPM und FPM ist die erste Tagung des ASPM in den sogenannten fünf neuen Ländern, in Leipzig 1992, an der ich (DE) teilnehme. Susanne oder andere Gesichter aus dem FPM treffe ich aber nicht wieder, denn die Konferenz findet zwar in Kooperation mit der Friedrich-Ebert Stiftung, aber ohne Vertreter*innen des Forschungszentrums statt. Stattdessen hat man zum einen den Musiksoziologen Christian Kaden von der Humboldt Universität eingeladen, der erst 1993, also nach der Tagung und quasi gleichzeitig mit Wicke, einen Ruf auf eine Professur an der Humboldt Universität erhalten wird. Zum anderen vertritt Hansgeorg Mühe von der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar die Ost-Musikwissenschaft.
Zu diesem Zeitpunkt ist wohl, so scheint es aus heutiger Sicht, im Verhältnis FPM und ASPM schon nichts mehr zu retten. Die Echos dieses Konfliktes spüren wir noch heute.
f. Die zweite Konsequenz: ASPM und IASPM
Kurze Zeit später eskaliert auch der Konflikt zwischen IASPM und ASPM um Geld, konkret um die Größe des Teils der Mitgliedsbeiträge, die an IASPM abzuführen sind. Die Minutes des VII. IASPM General Meeting – Stockton, California/USA, 14 July 1993[16] berichten:
„All branches have paid dues except for France, Italy and Germany. […] The membership secretary of the German branch sent a letter to the Executive Committee to explain that their dues had been spent elsewhere. The Executive Committee has decided to allow the German branch an extended deadline within which to pay dues. If no dues have been received by August 15, the German branch will no longer be part of IASPM“.
Ich (DE) erinnere mich, dass der Sachverhalt im ASPM offen diskutiert wird. Die finanziellen Alternativen sind Streichung der Publikationsreihe „Beiträge zur Popularmusikforschung“ oder Austritt aus dem IASPM. Beides zu finanzieren, sei nur über eine deutliche Beitragserhöhung möglich. Die Mitgliederversammlung votiert für die „Beiträge zur Popularmusikforschung“ und damit für den Austritt aus dem IASPM.
Bis zu diesem Zeitpunkt ist Wicke noch Mitglied des IASPM Executive Committee. Er tritt 1993 jedoch nicht mehr zur Wahl an und folgt dem Ruf an die Humboldt Universität. Er ist angekommen. Dies ist nicht (mehr) sein Konflikt.
Der Report des IASPM Executive Committee 1993-1995 von Membership Secretary und Treasurer Steve Jones vom Januar 1995 offenbart den problematischen Trennungsprozess von ASPM und IASPM, der schon damals für Außenstehende kaum zu durchschauen schien: ASPM ist aufgrund des geschilderten monetären Konfliktes nicht mehr die German Branch von IASPM. Deshalb wird von Forscher*innen wie Thomas Münch und Ute Bechdolf, die die internationale Anbindung an IASPM nicht verlieren wollen, eine neue German Branch gegründet, die parallel zu ASPM existiert. Ich (DE) bin Mitglied in beiden Vereinigungen, habe aber an die im Folgenden zitierten Verwerfungen keine Erinnerungen.
„Problems continue with the German branch of IASPM, though of what sort is never quite made clear to me. The German association ASPM is apparently taking the German branch of IASPM to court, though I remain uncertain as to the nature of the dispute. At present the German IASPM branch has but five members, reflecting the dispute between ASPM and IASPM/Germany. Perhaps someone from Germany can make this fiasco intelligible to me, though at least a couple have tried without success“ (Jones 1995: 5).[17]
Das Protokoll der Generalversammlung des IASPM vom 5. Juli des gleichen Jahres dokumentiert dann die vollzogene Trennung von ASPM und IASPM, unseres Wissens ohne Gerichtsverfahren.
„Ute Bechdolf said that in Germany two organizations were legally separated: one at a national level, ASPM, and the other at an international level, IASPM-Germany. Most of the members of IASPM Germany are also members of ASPM. They have double membership with double payment. There are two Executive Committees with a close cooperation between the organizations. The German IASPM branch has 27 members and is growing on“.[18]
1997 wird im Protokoll der Mitgliederversammlung von IASPM die Namensänderung der German Branch in German-speaking Branch vermeldet. 1999 und 2001 finden sich Mitgliederzahlen in den Berichten, dann offenbaren die verfügbaren Dokumente eine Lücke von zehn Jahren bis 2011. Der IASPM Executive Committee Report 2011-13[19] vermeldet für 2012 die Neugründung der Branch IASPM D-A-CH, auch wenn der offizielle Gründungsworkshop erst 2013 stattfindet.[20]
Im Gegensatz zu D-A-CH stammen die Namen, die im Zusammenhang mit der German speaking branch der 1990er Jahre recherchierbar sind, samt und sonders aus der alten BRD. Die Geschichte als Abspaltung von ASPM legt dies auch nahe. Inwieweit die im Ergebnis recht kurzlebige German-speaking Branch auch Mitglieder aus den Reihen des FPM oder den neuen Bundesländern hatte, entzieht sich unserer Kenntnis. Im CV von SBP findet sich ein Hinweis auf eine Tagung der German-speaking Branch mit dem Titel „Boys will be boys? & Girls just wanna have fun?“ in Freudenstadt 1997, auf der sie vorgetragen hat.
g. Dritte und persönliche Konsequenz
Mich (DE) persönlich nervt das Zerriebenwerden zwischen den Ost/West-Fronten zunehmend. Gleichzeitig fördert mich Alenka Barber-Kersovan, wo sie kann. Aber aufgrund anderer Entwicklungen in meinem Leben verschwinde ich spätestens 1997 aus dem akademischen Betrieb, bleibe aber Mitglied bei ASPM.
6. Zurück in die Wissenschaft I
Mitte der 1990er Jahre zieht es mich (SBP) zurück in die Wissenschaft. Der Arbeitsalltag in einem großen Ostberliner Kulturprojekt – in dem über 100 Künstler*innen, Kultur- und Kunstprojekte über ABM (Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen) finanziert und verwaltet werden – entspricht nicht mehr meinen Vorstellungen von einem gelungenen Berufsleben. Auf der Leitungsebene gibt es massive Unstimmigkeiten zwischen den Frauen. Meine Ausflüge nach Kalifornien zur 7. IASPM Konferenz werden mit Argwohn gesehen. Ich rufe Peter Wicke an und frage, was geht … am Forschungszentrum. Er sichert mir seine Unterstützung zu, aber um Geld kümmern müsste ich mich selbst. Meine Anträge auf Forschungsförderung bei der DFG und später bei der Volkswagen-Stiftung sind erfolgreich.
Das Buzzword der 1990er Jahre heißt Globalisierung. Als in der DDR Geborene und bis zu meinem 25. Lebensjahr auf einen 108.000 Quadratmeter großen Handlungsraum beschränkt, bin ich fasziniert und getragen von den musikalischen und kulturellen Möglichkeiten, den geografischen Begegnungen und technologischen Entwicklungen, die das „Ende des Ost/West-Konflikts“ mit sich bringen.
Auf dem Ticket der IASPM besuche ich in den 1990er Jahren alle internationalen Tagungen, obwohl ich selbst kein zahlendes Mitglied bin. Meine Konferenzreisen führen mich nach Stockton/Kalifornien (1993), Glasgow (1995), Kanazawa/Japan (1997) bis nach Sydney/Australien (1999). Eine zentrale Frage in den 1990er Jahren lautet, ob Globalisierungsprozesse zur Homogenisierung und McDonaldisierung führen oder ob man es eher mit einer Fragmentarisierung und letztendlich zunehmenden Parallelisierung von Welten zu tun bekommen werde.
ASPM und IASPM existieren in Deutschland in den 1990er Jahren nebeneinander. Ich gehöre zur Fraktion der aus der Gründung des Forschungszentrums hervorgegangenen Perspektive über populäre Musik zu forschen. Irgendwann überwinde ich meinen Stolz und melde 2001 einen Vortrag für eine Tagung des ASPM in Rauischholzhausen in Hessen an. Ich spreche vor Helmut Rösing und Fred Ritzel[21], Alenka Barber-Kersovan und Dietrich Helms und erinnere mich an eine intensive und freundliche Diskussion. Der Ausflug eröffnet mir einen Lehrauftrag am Institut für Musikwissenschaft der Universität Hamburg und einen Beitrag in der Publikation Musikwissenschaft und populäre Musik. Versuch einer Bestandsaufnahme, herausgegeben von Helmut Rösing, Albrecht Schneider und Martin Pfleiderer (vgl. Binas 2002). Während der ASPM-Konferenz West Meets East. Musik und interkultureller Dialog in Wien 2008 bittet man mich die Keynote zu halten (Binas-Preisendörfer 2011). Das mache ich gern. Die Berührungsängste zwischen ASPM und IASPM tangieren mich wenig. Ich habe das Gefühl, mein eigenes Ding machen zu können, mit dem konzeptionellen Rückenwind des Forschungszentrums Populäre Musik, an dem ich damals als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig bin, und der vorsichtigen Offenheit in diejenigen Richtungen, die meine fachlichen Interessen ansprechen. Zugleich ist mir bewusst, dass Netzwerke – egal ob in der Kultur oder in der Wissenschaft – zu den wichtigsten Voraussetzungen beruflichen Erfolgs gehören. Wer das in den ersten Jahren der Wiedereinigung nicht gelernt hat, musste mit den Konsequenzen leben. Dennoch verspüre ich all die Jahre den Riss, der beide Gesellschaften (ASPM/IASPM) damals voneinander trennt, auch Argwohn und gegenseitige Überheblichkeiten.
Als mich im Jahr 2012 die mir nachfolgende Wissenschaftler*innengeneration (Thomas Burkhalter aus Bern, David-Emil Wickström aus Mannheim und Maria Hanáček aus Berlin) fragt, ob ich sie beim erneuten Anlauf der Gründung einer deutschsprachigen Branch von IASPM unterstütze, zögere ich nicht lange. Angesichts meiner eigenen akademischen Sozialisation fühle ich mich fachlich wie auch emotional angesprochen. Die mich anfragen, argumentieren vor allem mit einem notwendigen Internationalisierungsschub der deutschsprachigen Forschungen populärer Musik. Auf den internationalen Kongressen der IASPM werden sie immer wieder daraufhin angesprochen, warum es keine aktive deutsche bzw. deutschsprachige Branch gibt. Auch weil die Forscher*innennetzwerke um das Forschungszentrum Populäre Musik in Berlin immer weniger sichtbar sind, scheint mir ein erneuter Anlauf sinnvoll. Nicht zuletzt aus dem stark im internationalen Raum agierenden DFG-Netzwerk „Sound in Media Culture“[22] (2010 – 2013, gegründet und unter der Leitung von Maria Hanáček, Jens-Gerrit Papenburg und Holger Schulz) ergeben sich persönliche und fachliche Anknüpfungspunkte. Andere Protagonisten wie Thomas Burkhalter, David-Emil Wickström, Oliver Seibt, Sidney König, Stefanie Alisch, Monika Schoop oder Julio Mendivil sind als eher musikethnologisch akademisierte Wissenschaftler*innen an der Etablierung eines aktiven Fachverbandes interessiert, der die Popular Music Studies mit einer musikethnologisch-kulturwissenschaftlichen Perspektive verknüpft. Für ein Kamingespräch auf dem Gründungsworkshop in Bern 2013 laden wir Sheila Whiteley (University of Salford)[23], Peter Wicke und Hubert Wandjo (Popakademie Baden-Württemberg) ein. Die Moderation übernimmt Jan Hemming, der schon Mitte der 1990 Jahre in der oben erwähnten als ASPM-Abspaltung entstandenen German Branch der IASPM aktiv war und immer wieder für deren Erhalt einstand. Als erste Präsidentin von IASPM D-A-CH (2013-2016) versuche ich mit dem institutionellen Background einer ordentlichen Professur an einer Universität, diese wissenschaftspolitische Infrastruktur wieder aufzubauen. Schnell wächst die Zahl der Mitglieder von knapp 20 Interessierten auf 100 Personen an.
Mitglied der GFPM bin ich nicht. Als die GFPM im Jahr 2018 an meiner Heimatuniversität in Oldenburg zum Thema Des-Orientierungen tagen will, beschleichen mich anfangs Zweifel, ob mir das recht sein kann. Schließlich mache ich meinen Frieden und steuere einen Diskussionsstrang zur Tagung bei, der sich mit dem Thema „Des-Orientierungen und Popular Music Studies“ in Deutschland befasst. Im Herbst des Jahres 2021 besuche ich zusammen mit einer Gruppe von Studierenden die 31. Tagung der GFPM in Dortmund, als es um materielle Kultur und populäre Musik geht und die Oldenburger Studierenden aus dem Projekt Forschende Lehre „Wenn Popmusik (ihre) Geschichte schreibt“ berichten. André Doehring – den ich in erster Linie in der GFPM verorte – spricht uns direkt nach der Präsentation an und freut sich über Nachwuchsprojekte wie diese.
7. Zurück in die Wissenschaft II
2004 sitze ich (DE) als musikalischer Direktor und Bühnenmusiker in einer Musicalproduktion. Die Stimmung im Leitungsteam ist – freundlich formuliert – schlecht. Ich brauche dringend eine Pause vom freiberuflichen Projektalltag, kann sie mir aber nicht leisten. Über meine weiterlaufende ASPM-Mitgliedschaft bekomme ich eine Stellenausschreibung mit und bewerbe mich spontan für die Professur für Geschichte und Theorie populärer Musik an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, obwohl ich weder promoviert bin noch Erfahrung mit akademischer Lehre oder Selbstverwaltung habe. Ich werde trotzdem eingeladen, fliege zwischen Premiere und zweiter Vorstellung des auf das obige Musical folgenden Projektes zum Vorsingen und bekomme den Job natürlich nicht. Aber ich habe wieder Lust bekommen, mich in der Wissenschaft einzumischen.
ASPM bleibt weiterhin meine erste Anlaufstelle, aber ich orientiere mich auch international und reiche Vorträge und Aufsätze ein, wo ich kann. Aufgrund meiner fehlenden institutionellen Anbindung während der 2006 beginnenden Promotion – meine Frau Teresa finanziert das Projekt Schwermetallanalysen zum größten Teil – kann ich mir internationale IASPM-Konferenzen jedoch nicht leisten, aber immerhin ohne ökonomische Sorgen und ohne Ablenkung rund um die Uhr forschen. Bei ASPM werde ich 2008, also noch vor Abschluss der Promotion, in den Wissenschaftlichen Beirat gewählt und gehöre diesem über mehrere Wahlperioden bis 2016 an. Mit Abschluss meiner Dissertation 2009 habe ich so schon einiges veröffentlicht und begonnen ein Netzwerk aufzubauen, das mir beispielsweise Lehraufträge an der 2010 gerade neugegründeten Hochschule der populären Künste in Berlin einbringt. Da sich die für die 2010 in Braunschweig ausgeschriebene halbe Mittelbaustelle vorgesehene Bewerberin anders entscheidet, wird die Stelle neu ausgeschrieben und ich nutze meine Chance, die sich vor allem deswegen ergibt, weil keine gleich qualifizierte Frau die Stelle haben will.
Anfang 2011, als noch frisch gebackener Mittelbauer, treffe ich auf einer Tagung in Köln Susanne wieder. Als Beirat bin ich eindeutig dem ASPM-Lager zugehörig und in den Gründungsprozess von IASPM D-A-CH nicht eingebunden. Ich nehme aber am Gründungsworkshop 2013 teil und bin seither Mitglied. Im Vorstand von ASPM, der aus Thomas Phleps (Gießen), Dietrich Helms (Osnabrück), Ralf von Appen (Gießen) und weiterhin Alenka Barber-Kersovan als Geschäftsführerin besteht, führt die Gründung von IASPM D-A-CH zu erheblicher Unruhe. Eine Namensänderung wird diskutiert, um Verwechslungen vorzubeugen und 2014 mit der Umbenennung von ASPM in Gesellschaft für Popularmusikforschung (GFPM) Realität. Menschen, die sich in beiden Vereinigungen engagieren wollten, werden mindestens misstrauisch beäugt. Dies trifft weniger mich, als andere damalige Kolleg*innen aus dem Beirat. Die Angst des Vorstands vor der neu erwachsenen Konkurrenz führt zu einer Verhärtung und Verengung der internen Kommunikationsströme, die wiederum zu wachsender Unzufriedenheit in Teilen des Beirats führt. Deshalb verkünde ich 2014 intern meinen Plan, aus dem Beirat auszuscheiden, lasse mich aber überzeugen, mich erneut zur Wahl zu stellen. Hier beginnt ein Veränderungsprozess, der die GFPM zu ihrer Form von 2023 führt und mich zu meinem Rücktritt aus dem Beirat im Jahr 2016. 2018 werde ich dann in den Beirat von IASPM D-A-CH gewählt. Ich bin weiterhin Mitglied in beiden Gesellschaften.
8. Autoethnographien als Methode der Erforschung von Wissenschaftsgeschichte(n)
„Wo immer wir in Feldern arbeiten, die uns nahe sind, liegt die Idee nahe, auch die eigene Geschichte als Material zu verwenden“ (Ploder/Stadlbauer 2013: 404). Mit diesem Blick zurück nach vorn haben wir versucht, uns sehr nahe liegende Ereignisse der eigenen Biographie zum Ausgangspunkt der Rekonstruktion von Wissensgeschichten zu machen, Wissensgeschichten, die nicht zuletzt ihren Niederschlag gefunden haben in dem ungebrochenen Wirken von zwei parallel wirksamen Fachgesellschaften zur Erforschung populärer Musik bzw. Popularmusikforschung. Wir haben mit Hilfe dieser persönlichen Erinnerungen, Quellen und historischen Rahmungen versucht einzuordnen, wie es zu dieser Entwicklung kommen konnte, welche Etappen auszumachen sind und welche Protagonist*innen Wesentliches dazu beitrugen, die Geschichte der Erforschung populärer Musik in der alten Bundesrepublik, der DDR und der neuen Bundesrepublik zu schreiben. Dabei handelte es sich erst einmal um unseren, einen autoethnographischen Blick. Wir wissen davon, dass auch andere an der Erforschung der Wissenschaftsgeschichte populärer Musik arbeiten und dabei auch andere Narrative aufgespürt haben. In einem nächsten Schritt käme es darauf an, weitere Methoden zur Rekonstruktion dieser Fachgeschichten zu mobilisieren, wie beispielsweise die Befragung der handelnden Akteure, wie wohl wir wissen, dass gerade auch Zeitzeugen ihr jeweils erinnertes Narrativ vortragen und propagieren. Auch dann hätten wir es wieder mit methodischen Herausforderungen zu tun.
In jedem Fall scheint es uns gebotener denn je, sensibel mit Vergangenheiten umzugehen: Vielleicht lassen sich so die hier thematisierten Echokammern langsam schließen. Eine dieser Echokammern betrifft im Falle der Fachgeschichte populärer Musik das Verhältnis bzw. der Konflikt zwischen Ost und West und also nicht nur Fragen von Sexismus, Rassismus, Klassismus, die in Bezug auf Parallelgesellschaften diskutiert werden. Dieser Konflikt hat sich auf vielen gesellschaftlichen Ebenen über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung keinesfalls in Wohlgefallen auflöst. Im Fach strahlt er bis auf aktuelle Stellenbesetzungen auch nach D-A-CH aus, ob es einem gefällt oder nicht.
In der parallelen Existenz von GFPM und IASPM D-A-CH werden letztendlich nicht allein verschiedene fachliche Konzepte und Bezüge der Forschung von Popularmusik und populärer Musik sichtbar, sondern eben auch Fragen der Zustimmungsfähigkeit, der Allianzen, der Suche nach Alleinstellungsmerkmalen und also letztendlich Macht im Kampf um begrenzte Ressourcen, Stellen und Karrieren. Zugleich verwundert es, oder verwundert es dann auch nicht, dass viele an der Erforschung populärer Musik Interessierte heute Mitglied in beiden Gesellschaften sind. Woran liegt das? Ist das nachhaltig, ressourcenschonend und trägt es zur Klarheit von Forschungsperspektiven bei? Klar abgrenzbare Konzeptualisierungen von populärer Musik lassen sich immer weniger ausmachen, vielleicht, weil die Gründungsphasen der Erforschung populärer Musik bzw. Popularmusik Geschichte sind. Was motiviert Wissenschaftler*innen, in beiden Forschungszusammenhängen und Netzwerken verankert und sichtbar zu sein? Was sagt das über unsere Wissenschaftslandschaft der Gegenwart aus?
Die Kalender von Wissenschaftler*innen sind prall gefüllt mit Tagungen, Anfragen zu Gutachten und Abgabeterminen von Publikationen. Wir (auch SBP und DE) sehen uns kaum noch in der Lage, den Output der Community seriös zur Kenntnis zu nehmen. Verheizen wir die Energie der Nachwuchswissenschaftler*innen und auch unsere eigene?
Mit dem Generationenwechsel bleiben – so meinen wir beobachten zu können – Argwohn und gegenseitige Überheblichkeiten in GFPM und IASPM D-A-CH aus. Es gibt mittlerweile Projekte, die von beiden Fachgesellschaften in personeller Kooperation getragen werden, z.B. das „Early Career Netzwerk“ für Frauen in den Popular Music Studies oder die AG Positionen. Bis in die Satzung hinein findet man ähnliche Ziele. Existiert hier nebeneinander, was eigentlich zusammengehört?
Weiter oben wurde beschrieben, warum es die Gründer*innen von IASPM D-A-CH 2013 für sinnvoll und notwendig erachteten, einen deutschsprachigen Zweig (erneut) zu gründen. Kurze Zeit später benennt sich der ASPM in GFPM um. Sind es einerseits die Geschichte der aus verschiedenen gesellschaftlichen Konstellationen gespeisten Wissenskulturen wie Strukturen und andererseits die Gegenwart und ihre Herausforderungen und Zwänge, die diese Parallelität begünstigen und dann wiederum auch ad absurdum führen? Der Wissenschaftshistoriker Olaf Breidbach schreibt, dass
„[d]as Wissen auch der Wissenschaften […] nicht vom Himmel [fällt], es wird erarbeitet und baut damit auf Tätigkeiten, Verfahren und Strukturen auf. Diese sind nicht einfach Vorgaben, die die eigentliche wissenschaftliche Praxis ermöglichen, sondern selbst integraler Bestandteil eines Wissen allererst schaffenden Prozesses“ (Breidbach 2008: 13).
Das Ziel von Autoethnographien und performativer Forschung besteht nicht in erster Linie darin, in der Forschung gewonnene Erkenntnisse zu transportieren, sondern Erkenntnisprozesse bei den Rezipient*innen auszulösen. Wir hoffen sehr, eine entsprechende Diskussion während der Tagung in Wien und auch mit diesem schriftlichen Beitrag anzustoßen.
Biographische Informationen
Susanne Binas-Preisendörfer lehrt und forscht am Institut für Musik der Universität Oldenburg zum Zusammenhang von Musik und Medien. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören derzeit populäre Hörpraktiken und Historiographien populärer Musik. Aktuell schreibt sie an einem Lehrbuch mit dem Arbeitstitel „Populäre Musik zwischen Musik- und Medienwissenschaft“. Ende 2022 gründete sie zusammen mit Oldenburger Kollege*innen die Forschungsstelle Populäre Musik und Politik.
Dietmar Elflein lehrt populäre Musik und systematische Musikwissenschaft am Institut für Musik und ihre Vermittlung der TU Braunschweig. Er forscht insbesondere zu deutscher Popgeschichte (als Akteur-Netzwerke), Gender und postkolonialen Themen. Seine neuste Open Access Monografie beschäftig sich mit R&B, Soul, Funk und Disco in Deutschland 1945-1980 und heißt: Ja, Herr, ich kann Boogie!
Anmerkungen
[1] „Die Bezeichnung andere Bands war ein mehr oder weniger hilfloser Versuch der DDR-Kulturobrigkeit, das schrägere Spektrum von Punk und Subkultur einzufangen. Im Vergleich zur vorherigen Ausgrenzung zielte dies auf Vereinnahmung und Kontrolle ab – worauf sich nicht alle der Bands einlassen wollten“. https://www.rockinberlin.de/index.php?title=Kategorie:Die_%E2%80%9Eanderen_Bands%E2%80%9C (Zugriff: 5.3.2024). .
[2] https://www.iaspm-dach.net/blog/2021/12/15/cfp-5-iaspm-d-a-ch-tagung-32-gfpm-tagung-parallelgesellschaften-wien-20-22102022 (Zugriff: 5.3.2024).
[3] Der Aufsatz von Rösing ist die englische Übersetzung eines älteren Aufsatzes (Rösing 2002), die natürlich nicht ohne Zustimmung des Autors erneut erscheint.
[4] http://wp.popularmusikforschung.de/ (Zugriff: 27.2.2024)..
[5] Haus der Deutschen Geschichte: Lebendiges Museum online, Jahreschronik 1983, https://www.hdg.de/lemo/jahreschronik/1983 (Zugriff: 10.3.2023), Auswahl aus der Chronik sowie abschließende Hinweise zu popmusikalischen Ereignissen durch die bzw. ergänzt von den Autor*innen..
[6] Im Rahmen des Vortrages haben wir an dieser Stelle das Intro der vom Rundfunk Berlin Brandenburg produzierten Chronik Berlin – Schicksalsjahre einer Stadt – Das Jahr 1983 (Scholl 2019) gezeigt.
[7] Einladungsschreiben zum ersten Deutschen IASPM-Treffen in Bremen, Archiv Wolfgang Martin Stroh/Susanne Binas-Preisendörfer.
[8] DT64 steht für Deutschlandtreffen 1964 und bezeichnet den Jugendsender des Rundfunks der DDR, der in Berlin (Ost) bis 1993 produziert wurde.
[9] RIAS steht für Rundfunk im amerikanischen Sektor, erstmals ausgestrahlt 1946, letztmalig 1992.
[10] Günter Mayer war neben Peter Wicke bis Ende der 1980er Jahre das einzige Mitglied aus der DDR bei der IASPM.
[11] In der DDR kursierte im kulturpolitischen Raum und an Musikhochschulen der Terminus Tanz- und Unterhaltungsmusik (TUM), dem sich die Forscher*innen jedoch nicht anschlossen.
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Nummer-eins-Hits_in_Deutschland_(1991) (Zugriff: 10.3.2023).
[13] Haus der Deutschen Geschichte: Lebendiges Museum online, Jahreschronik 1991, https://www.hdg.de/lemo/jahreschronik/1991 (Zugriff: 10.3.2023). Auswahl aus der Chronik sowie die beiden abschließenden Hinweise zu popmusikalischen Ereignissen durch die bzw. ergänzt von den Autor*innen.
[14] https://www.iaspm.net/archive/EC_Montreal_85-3.PDF (Zugriff: 5.3.2024).
[15] Ebd.
[16] https://www.iaspm.net/archive/Stockton93.PDF (Zugriff: 5.3.2024).
[17] https://www.iaspm.net/archive/EC_Glasgow_95.PDF (Zugriff: 5.3.2024).
[18] https://www.iaspm.net/archive/Glasgow95.PDF (Zugriff: 5.3.2024).
[19] https://www.iaspm.net/archive/IASPM_EC_Report_2011-2013.pdf (Zugriff: 5.3.2024).
[20] https://www.iaspm-dach.net/blog/2018/5/28/grndungsworkshop-2013 (Zugriff: 5.3.2024).
[21] Später werde ich die Nachfolgerin von Fred Ritzel am Institut für Musik der Universität Oldenburg.
[22] http://www.soundmediaculture.net/ (Zugriff: 5.3.2024).
[23] Sheila Whiteley (1941-2015) war von 1999 bis 2001 General Secretary der IASPM.
Literatur
Ahlers, Michael/Jacke, Christoph (Hg.) (2017). Perspectives on German Popular Music. Oxford, New York: Routledge.
Appen, Ralf von/Grosch, Nils/Pfleiderer, Martin (Hg.) (2014). Populäre Musik. Geschichte – Kontexte – Forschungsperspektiven. Laaber: Laaber.
Benjamin, Walter (1991 [1936]). „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit.“ In: Gesammelte Schriften, Bd. 1/2. Hg. v. Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 471–508.
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Zitiervorschlag
Binas-Preisendörfer, Susanne/Elflein, Dietmar (2024). „Echokammern der Differenz. Autoethnographische Perspektiven auf und aus Parallelgesellschaften.“ In: „Parallelgesellschaften“ in populärer Musik? Abgrenzungen – Annäherungen – Perspektiven. Hg. v. Ralf von Appen, Sarah Chaker, Michael Huber und Sean Prieske. GFPM – Beiträge zur Popularmusikforschung 48 meets ~Vibes – The IASPM D-A-CH Series Vol. 3. Bielefeld: transcript, S. 59-88 und online: http://vibes-theseries.org/echokammern-der-differenz/ [26.9.2024].
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